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information & wissenschaft Auswirkungen unserer Lebensgewohnheiten: Telomere als Uhr des Lebens 14 | MÄRZ 2020 DER LAUF DER LEBENSUHR IN UNSEREN ZELLEN LÄSST SICH BEEINFLUSSEN Thomas Kolbe Fachwissenschaftler für Versuchstierkunde, Ao. Prof. für die Service-Plattform Biomodels Austria Veterinärmedizinische Universität Wien INFO Stress verkürzt Lebenszeit: https:// www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/ PMC534658/ Stress in der Schwangerschaft verkürzt Telomere: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/ pmc/articles/PMC3158153/ Foto © maja7777- pixabay.com weniger Telomerase-Aktivität, desto schneller altern die Zellen. In einer ganzen Reihe von Studien wurde nach- gewiesen, dass bereits Stress während der Schwangerschaft zu verkürzten Chromosomenenden bei Kindern führt. Gleiches gilt für allgemein ungesunden Lebenswandel. Die gute Nachricht ist, dass eine Änderung zu gesünderer Le- bensweise die Aktivität der Telomerase wieder ankurbelt und die Zellalterung damit bremst. Da machen sich epi- statische Effekte, also Umwelteinwir- kungen auf Steuerung und Funktion der Gene bemerkbar. Durch den allgemein gehobenen Lebensstandard in entwi- ckelten Ländern und die Wirkung auf die Telomere erklärt sich zum Teil die seit Jahrzehnten steigende Lebenserwartung in diesen Ländern. Fazit: Wer die eigene Alterung bremsen möchte, sollte weni- ger auf Anti-Aging-Salben und dubiose Wässerchen vertrauen als vielmehr auf eine ausgeglichene und gesunde Lebensführung. T ick tack, tick tack. Unweigerlich läuft die Lebenszeit ab. Und das findet auf Zellebene statt. Die Chromosomen aller höheren Or- ganismen sind an den Enden durch eine Art Endkappen, sogenannte Telomere, geschützt. Diese verhindern, dass die wertvolle Erbsubstanz von den Enden her durch Enzyme aufgelöst werden kann. Nur werden diese Schutzkappen trotzdem bei jeder Zellteilung ein Stück kürzer. Und nach ca. 50 Zellteilungen ist defini- tiv Schluss und es geht ans Eingemachte, sprich an die informationstragende DNA. So dachte man bis Dolly. Als das Klon- Schaf Dolly 1997 geschaffen wurde, stammte der Zellkern seines Spenders von einem Schaf mittleren Alters. Also vermutete man, dass Dolly nur die halbe Lebensspanne eines normalen Schaflebens zur Verfügung stände. Dolly verstarb zwar relativ früh, aber das hatte andere Ursachen. Zur Überraschung aller hatte Dolly bei der Geburt normal lange Telomere, wie jedes andere neugebore- ne Lebewesen auch. Die Lösung des Rätsels fand man recht bald: Es gibt Gene im Erbgut aller Organismen, die produzieren das Enzym Telomerase und dieses verlängert die Schutzkappen an den Enden der Chro- mosomen wieder. Nur ist die Aktivität dieses Genes leider von der Umwelt abhängig, der das Lebewesen ausgesetzt ist: Je mehr Schadstoffen und Stress ein Organismus ausgesetzt ist, desto
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