LERNEN MIT ZUKUNFT

information & wissenschaft Die Meinungs-Kehrtwende: WIE SCHNELL SICH DOCH DER WIND DER ÖFFENTLICHEN MEINUNG DREHT 20 | JUNI 2020 Tierversuche? NEIN DANKE??? geben sollte, wird allein die Massenpro- duktion ein halbes Jahr dauern. Einen Impfstoff zu entwickeln, der eine gute und möglichst langanhaltende Immun- reaktion hervorruft und dabei keine un- erwünschten Nebenwirkungen hat, wird viele Monate dauern. Die Bildung von Antikörpern als gewünschtes Ergebnis einer Impfung dauert mindestens zwei Wochen. Erst dann weiß man über den Erfolg oder Misserfolg eines einzigen Versuchsdurchganges an Testpersonen Bescheid. Vor 60 Jahren kamen bei der voreiligen Anwendung eines Polio- Impfstoffes viele Kinder zu Schaden. So etwas soll sich keinesfalls wiederholen. Wenn also vielleicht nächstes Jahr ein Impfstoff in ausreichender Menge zur Verfügung steht, lassen sich hoffent- lich mehr als nur 8% der Bevölkerung impfen. Und in den Jahren danach. Zum Glück werden 79% der Impfstoffe in Europa produziert. Dieser Industriezweig ist noch nicht aus Europa abgewandert. Das ist endlich einmal ein Vorteil der Europäer. Auch der Wert von Forschung allgemein wird nun anscheinend wieder mehr geschätzt. Es gibt viele Berichte über die Arbeit der Forscher. Dabei haben wir die ganzen Jahre nur Glück gehabt, dass bisher alle anderen gefährlichen Erreger außerhalb Europas geblieben sind, wie z.B. der Hendra-Virus 1994 in Australien, der Nipah-Virus 1998 in Malaysia, Sars 2002 und Mers 2012 in Asien, Ebola 2014 in Afrika und Zika-Virus 2015 in Südamerika. Hoffentlich wird die For- schung wieder besser finanziert, damit nicht weiterhin hoffnungsvolle junge Talente in das Ausland abwandern und wir solchen Krankheitserregern hilflos Thomas Kolbe Fachwissenschaftler für Versuchstierkunde, Ao. Prof. für die Service-Plattform Biomodels Austria Veterinärmedizinische Universität Wien S ehr viele Menschen weltweit machen momentan eine extrem schwierige Zeit durch. Durch diese außergewöhnlichen Bedingungen ist es vermutlich zu erklären, dass sich die Meinung der Öffentlichkeit zu Themen wie Impfungen, Forschung und Tierversuchen um 180 Grad gedreht hat, wenn man nach den Schlagzeilen der Presse geht: Noch bis vor wenigen Mo- naten wurde der Sinn von Masernimp- fungen diskutiert. Jahrzehntelang haben viele von der Herdenimmunität profitiert. Bis fast alle nach dem Motto ›sollen die anderen sich impfen lassen und ich bin dann geschützt‹ gehandelt haben. Mit zunehmenden Krankheitsausbrüchen in den letzten Jahren. Dabei ist das keine harmlose Kinderkrankheit, sondern kann bei Kindern zu ernsthaften Komplikati- onen mit dauerhaften Gesundheitsschä- den führen. Und wehe, wenn sich ein Erwachsener diese Krankheit zuzieht. Bei Männern ist häufig Unfruchtbar- keit die Folge, aber auch andere schwere Schäden können zurück- bleiben. Gegen die jährlich auftretende Influenza haben sich nur noch 8% der österreichischen Bevölkerung impfen lassen. Obwohl 83% den Nutzen von Impfungen anerken- nen. Dabei kam Influenza nun wirklich nicht unerwartet. Jetzt trifft uns ein neuer Virus mit voller Wucht und alle können es nicht erwarten, dass ein Impfstoff zur Verfügung steht. Am besten gleich morgen. Dabei wird jetzt im Frühjahr z.B. schon mit der Massen- produktion des Influenza-Impfstoffes für den nächsten Herbst begonnen. Wenn es also einen wirksamen Corona-Impfstoff Foto: © Alexandra Koch | pixabay.com

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