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Abenteuer Müllplatz: ABFALL IST DAS, WAS IM EINZELNEN ABFÄLLT UND DANN IN RAUEN MENGEN ANFÄLLT (Brigitte Fuchs) 20 | JUNI 2022 Das echte Wien Patrick Rusch, MA Familienvater, Angestellter Milizoffizier aD der Schweizer Armee Lebt in Wien infos über den autor Patrick Rusch, geboren 1967 in Luzern (Schweiz). Familienva- ter, Angestellter, bekennender Kästnerianer. Unabhängig, kritisch, gut gelaunt. Studi- um an der Universität Bern (Rechtswissenschaften) und an der Fachhochschule Wiener Neustadt (Entrepreneurship & Applied Management). Seine Passionen sind seine Familie, gute Bücher, Geschichte und klassischer Jazz. Mutter meiner Kinder kennen. Wenn ich an diesem Abend im Burgtheater und nicht ebendort, wo ich sie singen hörte, gewesen wäre, säße ich heute vielleicht nicht mehr in Wien, sondern wieder in Zürich oder Bern. Authentisches Wien lässt sich zur Som- merszeit in einem der zahlreichen Bäder der Stadt erleben. Mitunter ist das, was man dort sieht, nicht jedermanns Geschmack. Tattoos sind offenbar vor allem eine Frage der Quantität. Aller- dings macht es den besonderen Reiz Wiens aus, dass an Orten wie diesem, jeder nach seiner Façon glücklich werden kann. Kürzlich kam mir die Erleuchtung, dass der leibhaftigste Ort, Wien und die Wiener in purer Essenz kennenzulernen, der Müllplatz ist. An einem Samstagmor- gen lautete die Mission, zwei gefüllte WÖLIs zum nahegelegenen Müllplatz zu bringen und gegen zwei neue WÖLIs ein- zutauschen. Die Ouvertüre des Besuchs eines Müllplatzes ist der Eingangsbe- reich. Hier werden Sie von einem qualifi- zierten Mitarbeiter empfangen, dem Sie zu benennen haben, was für Müll Sie zu entsorgen wünschen. Der kompetente Mitarbeiter vor Ort berät Sie, wo Sie den mitgeführten Müll idealer Weise (– gefälligst –) zu platzieren haben. Der Empfang erscheint ihnen möglicherweise leicht raunzig. Tatsächlich ist er immer kompetent und wenn Sie sich bereits auf Wiener Schmäh verstehen, wird es Ihnen leichtfallen, ihn auch bei der Ansprache durch die Eingangskontrolle eines Wie- W o lernt man das echte Wien am authentischsten kennen? Wenn man in der Staatsoper eine Vorstellung besucht, bei einem Spaziergang auf dem Graben, in einem Kaffeehaus im Ersten Bezirk? Als ich selbst vor 16 Jahren in Wien Wohnsitz nahm und zu arbeiten begann, lernte ich viel über Wien und die Wiener in den einschlägigen Kaffeehäusern im Ersten Bezirk. Wie jeder Gast eine Figur verkörpert und in der gerade laufenden Vorstellung «Das Kaffeehaus» spielt. Die mitunter doppelbödige Freundlich- keit von Kellnern, die möglicherweise gerade den am meisten auf die Schippe nehmen, den sie jetzt am freundlichsten servicieren. Einige dieser Kaffeehäuser, besuche ich heute nicht mehr, weil ich sie inzwischen als zu touristisch besetzt wahrnehme. Was vermutlich, Hand aufs Herz, ein vollkommen ungerechtfertigtes Vorurteil ist. Wie ich kürzlich zufällig selbst erleben durfte, strahlen auch die touristischsten Kaffeehäuser Wiens einen tollen Charme aus. Die Kellner bieten einen ausgezeichneten Service und die Speisen und Getränke sind von hoher Qualität zu einem fairen Preis. Besuche von kulturellen Veranstaltungen bieten gute Zugänge zu Wien und den Wienern. Dabei ist es unerheblich, viel- leicht sogar eher nachteilig, für Kultur ausschliesslich ihre obersten Repräsen- tanten zu konsultieren. An einer eher versteckten Veranstaltung lernte ich zum Beispiel meine Frau und inzwischen
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