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information & erinnerung Viel Geld - wenig Geld: Else Klein GLADBECK, KREIS RECKLINGHAUSEN, RUHRGEBIET – VEERSSEN BEI UELZEN – INSEL BORKUM/NORDSEE; DEZEMBER 1945 BIS APRIL 1949 E s kam das Jahr 1947, und ich fühlte mich immer überflüssiger zu Hause. Meine Heinke war inzwi- schen vier Jahre alt und spielte mit den Nachbarskindern. Wenn sie zu Hause war, paßten gleich fünf Frauen auf sie auf. Ich wollte gerne eigenes Geld verdienen und nicht immer fragen müssen, wenn ich etwas brauchte. Der Direktor des Bottroper Arbeitsamtes bot mir eine Stelle als Kontoristin im D.P. Food Depot (displaced persons food de- pot) an. Von dort waren bis vor kurzem die Kriegsgefangenen versorgt worden. Nun wurde es ein Umschlagplatz für Le- bensmittel und Care-Pakete. Die eintref- fenden Care-Pakete wurden ausgepackt, der Inhalt sortiert und neu verpackt für die Kinderschulspeisung herausgegeben. Der Betrieb lag an der Grenze zu Essen- Karnap. Ich fuhr jeden Morgen mit der Straßenbahn bis Bottrop-Mitte und von dort mit einem LKW bis zum Betrieb. Ich bekam eine Arbeit im Büro zugewiesen und war froh, etwas Sinnvolles tun zu können und Geld zu verdienen. Geld konnte man in der Zeit am leich- testen auf dem Schwarzen Markt „verdienen“. Es gab inzwischen eine „Zigaretten-Währung“. Als über 21jäh- rige hatte ich bei den letzten Zuteilungen auch Zigaretten und sogar einmal eine Flasche Schnaps bekommen. Da ich we- der rauchte noch trank, hatte ich beides gut verwahrt. Eines Tages bekam Papa im Büro Besuch von einem Bottroper Geschäftsmann, von dem man wußte, daß er über sehr viel Geld verfügte. Plötzlich klingelte das Telefon. Papa war am Apparat und bat mich, Zigaretten herüberzubringen. Ich fragte: „Du kennst den Preis?“ „Ja“, sagte er „der Herr, der bei mir ist, zahlt dir den Preis.“ Ich brachte ihm zehn Zigaretten und kassierte 300 RM. Wenig später ein weiterer Anruf: „Du hast doch noch eine Flasche Schnaps?“ „Gewiß, doch auch nur zum Schwarz- marktpreis.“ Erneut kassierte ich 300 RM. Etwas später wanderten auch noch meine letzten zehn Zigaretten zum Büro. Meine Ausbeute betrug insgesamt 900 RM. Nun war ich reich und überlegte, was ich mit dem Geld anfangen könnte. Im August bekam ich Urlaub und beschloß, mit Heinke nach Borkum zu fahren, wo ich mich mit meiner Freundin Rosemarie traf. Wir nahmen Quartier im Nordsee- hotel, einem Spitzenhotel direkt an der Kurpromenade. Meine 900 RM reichten für drei Wochen Unterkunft und Verpfle- gung sowie für die Hin- und Rückfahrt. Wir verlebten eine unbeschwerte Zeit im Wasser und am Strand, erfreuten uns an Konzerten und den herrlichen Sonnen- untergängen am Meer. Prächtig erholt und braungebrannt kamen wir wieder in Gladbeck an. Meine Arbeit nahm mich nun die ganze Woche in Anspruch. Den Sonntag genoß ich, indem ich mich mit Heinke beschäf- tigte. Zum Herbst wurde die Brotqualität im- mer schlechter. Brot wurde nun weitge- hend aus Maismehl gebacken und hatte eine eigenartige gelbliche Farbe. Hatten wir bis zu Währungsreform 1948 reichlich Geld, mit dem wir nichts kaufen Else Klein verstorben 2003 www.zeitgut.de 32 | SEPTEMBER 2018 Fotos:© pixabay.com Entnommen aus dem Buch Morgen wird alles besser West-Deutschland 1947- 1952 39 Geschichten und Berichte von Zeitzeugen. 352 Seiten mit vielen Abbil- dungen, Ortsregister, Chrono- logie, gebunden. Zeitgut Verlag, Berlin. www.zeitgut.de ISBN: 978-3-86614-143-8

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