LERNEN MIT ZUKUNFT

information & reise Foto: © pixabay.com 17 | SEPTEMBER 2019 Die Stadt im Kopf: ERFAHRUNGEN AUS DEM AUSLANDSSEMESTER Zagreb aus veränderter Sicht Tina Č akara Studentin Junge Autorin Foto: © Tina Cakara S eit ich Denken kann sind meine Eltern, meine Schwester und ich zu Ostern und Weihnachten in Zagreb beim Rest der Familie. Die fünfstündige Fahrt dorthin verbringe ich meist lesend oder damit meine Schwe- ster zum gemeinsamen Spielen oder Musikhören zu überreden. In Zagreb angekommen fahren wir zuerst zur Woh- nung meines Opas, wo wir die nächsten Tage übernachten werden. Wir parken vor dem Wohnblock, bringen unsere Sache hoch und steigen dann wieder ins Auto. Weiter gehts zur Wohnung meiner Oma, wo Kaffee getrunken und über die Neuigkeiten aus Wien geplaudert wird. Nach ein paar Stunden geht es wieder ins Auto und zu unserem letzten Stop: der Wohnung meiner Tante und Cousine. Auf dem Weg dorthin kenne ich schon einige Gebäude: das Nationaltheater, das Mimara Museum und den Haupt- bahnhof. Doch mein Kopf kann die Orte nicht miteinander verbinden. Sie schwe- ben wie die Wolken, die neben unserem Auto am Himmel vorbeiziehen. EIN STADTPLAN IM KOPF In meinem dritten Studienjahr beschließe ich auf Auslandssemester nach Zagreb zu fahren. Ich kenne die Stadt ja schon – sozusagen. Doch erst als ich dann wirk- lich dort bin, alleine und mit den ersten Aufgaben, merke ich, dass ich die Stadt nur vom Auto aus gekannt habe. Plötz- lich bemerke ich, dass die 2er Straßen- bahn nicht zum Hauptplatz fährt, dafür aber in die Richtung meiner Wohnung. Ich lerne, wohin es sich auszahlt zu Fuß zu gehen (fast überall im Zentrum). Ich entdecke ein Burgerrestaurant am Ende der Straße wo mein Opa wohnt, das ich zuvor nie bemerkt habe. Ich beginne die Straßen zu benennen, die gar nicht mehr gleich aussehen. In meinem Kopf ent- steht langsam ein mentaler Stadtplan, der durch jeden spontanen Spaziergang und jede Erledigung weiter ausgebaut wird. VON DER BESUCHERIN ZUR STADT- FÜHRERIN Als mich meine Schwester und ihr Mann nach einem Monat besuchen kommen, packe ich automatisch meinen mentalen Stadtplan aus dem Kopf und Straßen- bahntickets aus der Tasche aus. Erst da, einige Wochen nach meiner Ankunft, bemerke ich wie schnell sich das Bild der Stadt für mich verändert hat. Zagreb hat sich immer schon vertraut ange- fühlt. Doch erst jetzt kenne ich mich auch wirklich in den vielen Straßen und Gassen aus. Die Stadt hat eine Form bekommen.

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