LERNEN MIT ZUKUNFT
information & zukunft Perspektivenwechsel: EIN SEMESTER MIT VIDEOKONFERENZEN UND DIGITALEN KAFFEEPAUSEN Home-learning an der Uni 32 | SEPTEMBER 2020 E s kann nur schiefgehen!, dach- te ich und startete Skype. Ich studiere Transkulturelle Kommu- nikation an der Universität Wien und hatte letztes Semester erstmals eine Übung zum Thema Dolmetschen. Wie sollte das bitte online funktionieren? Ohne Dolmetschkabine und körper- licher Anwesenheit? Doch nicht nur die Studierenden mussten in diesem außer- gewöhnlichen Semester anders und neu denken. Auch die Lehrenden zeigten überraschend viel Kreativität in der Um- setzung ihrer Kurse. DER VIRTUELLE KONFERENZRAUM Ich sitze mit Kopfhörern vor dem Bildschirm und höre meiner Studienkollegin genau zu, wie sie eine kurze Präsentation auf Englisch hält. Ich soll ihre Rede nach zwei Minuten ohne Notizen zu machen ins Deutsche übersetzen. Konzentriert versuche ich mir jedes der Worte zu merken, die durch das Mikrofon in ihren Laptop dringen, um dann kilo- meterweit bis zu meinem zu reisen und durch die Kopfhörer wieder zu einer Stimme zu werden. Als die Präsentation meiner Kollegin zu Ende ist und mir ihr lächelndes Gesicht vom Bildschirm aus entgegenblickt, fange ich auch schon an: anfangs unsicher, dann aber mit überraschend viel Freude dolmetsche ich die eben gehörte Rede souverän ins Deutsche. DAS VIRTUELLE FEEDBACK Jede Woche üben meine Kollegin und ich einen anderen Aspekt des Dolmet- schens. Einmal wiederholen wir die Inhalte in der gleichen Sprache, das nächste Mal dolmetschen wir vom Eng- lischen ins Deutsche, dann umgekehrt, einmal mit und einmal ohne Notizen. Alles zu zweit. Alles per Videochat. Niemand außer ihr hört oder sieht mich. Dennoch spüre ich während des Dolmetschens Aufregung und Nervosi- tät und am Ende Erleichterung. Genau die Gefühle, die wir in dieser Übung zu bewältigen lernen sollen. Feedback geben wir einander gegenseitig. Auch das sollen wir lernen. Also: mission accomplished! DIE VIRTUELLE KAFFEEPAUSE Nachdem wir alles erledigt haben, plaudern meine Kollegin und ich jedes Mal noch mindestens eine Stunde weiter. Was frustriert uns an der Uni? Was überfordert uns zu Hause? Was gibt uns Hoffnung, trotz der vielen Veränderungen? Mit welchem Gedan- ken stehen wir morgens auf? Jeden Montag um 17 Uhr haben wir eine Videokonferenz zu zweit. Meist klicken wir erst lange nach 19 Uhr auf den Auflege-Button. Denn home-learning bedeutet nicht nur virtuell Vorlesungen zu besuchen und Prüfungen abzulegen, sondern auch sich virtuell mit anderen Studierenden einen Kaffee beim Auto- maten holen gehen. Tina Č akara Studentin Junge Autorin Foto: Fotostudio primephoto Foto: © Christian Dorn | pixabay.com
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