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information & wissenschaft Das kontroverse Thema: Versuche mit Tieren, an Tieren, für Tiere DIE GROSSE BANDBREITE TIEREXPERIMENTELLER FORSCHUNG IST KAUM JEMANDEM BEWUSST Thomas Kolbe Fachwissenschaftler für Versuchstierkunde, Ao. Prof. für die Service-Plattform Biomodels Austria Veterinärmedizinische Universität Wien INFO https://www.tierversuche-verstehen.de/ https://bmbwf.gv.at/forschung/national/ forschungsrecht/tierversuche/nichttech- nische-projektzusammenfassungen- veroeffentlichung-gemaess-tierversuchs- gesetz-2012/ Fotos © pixabay.com W enn man an Tierversuche denkt, kommen einem sofort Bilder aus dem Internet von Katzen und Affen mit lauter Elektroden im Kopf in den Sinn. Aber auch das Anbringen von Sendern an Fischen ist ein Tierversuch. Dabei sammeln Fischkundler nicht nur Daten zum Schutz der Fischbestände, sondern Informatiker und Verhaltensforscher er- kunden das Schwarmverhalten. Das lässt sich gut auf das Verhalten von Men- schenmassen übertragen. Diese Erkennt- nisse werden mit Architekten zusammen für den Bau von Fußballstadien oder mit Rettungsdiensten für die Organisation von Großveranstaltungen genutzt, damit Unglücke wie bei der Love Parade in Duisburg nicht noch einmal passieren. Andere Tierversuche dienen der Entwick- lung von Impfstoffen gegen Spulwür- mer bei Schweinen. Die Zunahme von Outdoor-Haltung bei Schweinen lässt den Befall mit Spulwürmern bei Schwei- nen auf 20-40% in Deutschland und über 70% in Dänemark steigen. Diese Spulwürmer sind denen des Menschen sehr ähnlich. In Asien, Afrika und Südamerika sind 1,6 Mrd. Menschen von Spulwürmern befallen, fast 20% der Weltbevölkerung. Mit der Folge drastischer Entwicklungsstörungen vor allem bei Kindern. Ein an Schweinen entwi- ckelter und erprobter Impfstoff wäre mit ge- ringen Modifikationen also auch sehr gut für den Menschen geeignet. Ein anderes Einsatzgebiet tierexperi- menteller Forschung ist die Entwicklung neuer Impfstoffe für Tiere. Vor einigen Jahren ist in Deutschland ein neuer Virus aufgetaucht, der befallene Rinder tötet: Der Schmallenberg-Virus. Benannt nach dem Ort des ersten Auftretens in Deutschland. Ohne die Entwicklung eines Impfstoffes werden die befallenen Rinder getötet werden müssen oder elend sterben. Man kann natürlich abwarten, bis die Natur eine natürliche Resistenz bei einigen Rindern durch eine spontane Mutation bildet und diese we- nigen resistenten Rinder dann weltweit alle anfälligen Rinder ersetzt haben. Aber das dauert lange… Wenn wie in den Niederlanden ein kompletter Ausstieg aus allen gesetzlich erforderlichen Tierversuchen gefordert wird (die z.B. als Qualitätskontrolle bei der Produktion von Impfstoffen und Medikamenten vorgeschrieben sind), dann sollten wir uns der weitreichenden Konsequenzen für die Gesundheit von Mensch und Tier und vieler anderer Auswirkungen bewusst sein. Vielleicht sind streng kontrollierte Tier- versuche durch sachkundige Personen dann doch das geringere Übel?!
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