LERNEN MIT ZUKUNFT
information & erziehung Schönbrunner Schule Teil 2: Das Kind auf Augenhöhe 100 JAHRE REFORMPÄDAGOGIK NACH OTTO FELIX KANITZ UND DEM SCHÖNBRUNNER KREIS Dr. in Karin Steiner zuständig für pädagogische Entwicklungen und Bildungs- kooperationen bei den Wiener Kinderfreunden Foto: Felix Zangerl uns gegenwärtig eine auf lebensläng- liche Anpassung angelegte Konsens- ädagogik vor. Einige der zentralen Erziehungsprinzipien Kanitz‘ werden mit diesen herrschaftsförmigen Entwick- lungen im Erziehungs- und Bildungsbe- reich kontrastiert.“ Er sieht in der sozialistischen Gefühls- bildung eine Antwort auf die aktuelle Systemkälte, die er in Anlehnung an Ernst Bloch als „frierendes Unzuhause“ bezeichnet. Ein wesentlicher Aspekt dieser Systemkälte ist das massive Konkurrenzdenken und Ellbogensystem (im aktuellen Bildungssystem), das zu Angst und Minderwertigkeitsgefühlen führt und den Lebensplan des Kindes vereitelt. Solidarität und die Kultivierung der Gefühlswelt der Kinder wären daher als Prinzipien von Bildungsprozessen wieder aufzunehmen. Von Kanitz zu lernen heißt für Prof. Bernhard, Kinder zu kritischen, widerständigen, mutigen Menschen zu erziehen, indem wir ein offenes, warmes gesellschaftliches Zu- hause schaffen. J unge, engagierte Kinderfreunde- PädagogInnen rund um Otto Felix Kanitz waren bereits 1919 über- zeugt, dass Bildung und Erziehung die Bedürfnisse des Kindes in den Mittelpunkt stellen müssen. Mit der „Schönbrunner Erzieher-Schule“ und dem angeschlossenen Kinderheim in 84 Sälen des Schlosses Schönbrunn boten sie diese innovative humanistische Aus- bildung an und führten das Kinderheim nach ihrer Maxime: Bildung und Kultur für alle Kinder, Hinwendung zum Kind als zukünftiger „neuer Mensch“ auf Augenhöhe, gewaltfreie Erziehung ohne Autorität und Mitbestimmung der Kinder in allen sie betreffenden Belangen. Im Fachsymposium „100 Jahre Schön- brunner Schule“ beleuchteten namhafte Fachleute, warum der reformpädago- gische Ansatz der Schönbrunner Schule heute hochaktuell und für das Fortbe- stehen unserer Gesellschaft dringend zu fokussieren ist. RAUS AUS DEM FRIERENDEN UNZU- HAUSE (Armin Bernhard) Prof. Dr. Armin Bernhard, Professor für Allgemeine Pädagogik an der Universi- tät Duisburg-Essen erörterte, dass die sozialistische Erziehung „eine kreative und zugleich äußerst mutige Antwort auf die dramatisch prekäre Lage von Kin- dern aus der Arbeiterklasse“ war. Aus gesellschaftlicher Perspektive betrachtet, sieht Bernhard heute Trends zur „Ent- demokratisierung, Rebarbarisierung und Verrohung“, weshalb er erörterte, in welcher Hinsicht Kanitz‘ Überlegungen zukunftsrelevant sind. Bernhard: „Die neoliberale Bildungsindustrie schreibt Prof. Armin Bernhard Julya Rabinowich Prof. Heinz Weiss führt durch die Ausstellung
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