LERNEN MIT ZUKUNFT
Patricia Weiner Nah am Leben Coaching & Beratung e.U. www.nah-am-leben.at Eine neue Welt: MÜSSEN SICH UNSERE KINDER AN DAS SYSTEM ANPASSEN ODER DAS SYSTEM AN DIE KINDER? Das erste Schuljahr 28 | DEZEMBER 2021 M ax hat keine Lust mehr auf die Schule. Er ist hoffnungslos, und denkt, dass er das alles sowieso nicht schafft. Marie sitzt jeden Tag 2 Stunden an ihren Hausaufgaben. Sie steht unter Anspan- nung und weint viel. Moritz hält sich jeden Tag an der Tür fest, weil er nicht in die Schule gehen mag. Er ist überfordert von all an Anforderungen, die an ihn gestellt werden. Lisa macht in der Schule nicht mit, und hat jeden Tag mit ihren Eltern Konflikte wegen der Hausaufgaben. Sie sieht den Sinn dieser vielen Zettel nicht. Was haben alle Kinder gemeinsam? Sie sind VolksschülerInnen, sogenannte ErstklasslerInnen, und gehen seit gera- de einmal 2,5 Monaten in die Schule. Sie alle mögen ihre LehrerInnen, haben Freunde in der Klasse, sind wissbegierig und schlau. Sie alle haben sich auf die Schule gefreut. Sie alle wurden bitter enttäuscht. Wenn ein Kind in die Schule kommt, be- tritt es eine neue Welt. Eine Welt, die es zuvor so noch nicht kannte. Es erfordert eine riesengroße Anpassungsleistung den strukturellen Anforderungen nach- zukommen, seine Aufmerksamkeit aufs Lernen zu richten, die Anforderungen, die an einen gestellt werden zu erfüllen und von nun an „so viel zu müssen und so wenig zu dürfen“ – wie ich immer wieder in meiner Praxis von VolksschülerInnen höre. Ich erlebe immer mehr hoffnungslose, gestresste, demotivierte Kinder und verzweifelte Eltern, die massiv unter Druck stehen, ihre Kinder „zum Funkti- onieren“ zu bringen. Denn der Zeitplan ist straff, die Vorgaben sind stramm und das System ermöglicht nur einen minimalen Rahmen an Individualität. Es bleibt kein Platz dafür sich schwerer zu tun, mit der Veränderung und der neuen Situation. Es bleibt keine Zeit, länger zu brauchen, um in die neuen Aufgaben und Strukturen zu wachsen. Gerade hochsensitive, gefühlsstarke und sehr selbstbestimmte Kinder tun sich oftmals schwer sich an diese große Veränderung und die Anforderungen anzupassen. Sie brauchen Zeit, Geduld, Verständnis, einen liebevollen Blick, eine Hand, die sie in ihrer Individualität begleitet und Räume für sie und ihr individuelles Sein schafft. Doch ist für all das in unserem derzei- tigen Schulsystem Platz? Einem System, dass auf Schnelligkeit, Leistung und Anpassung ausgerichtet ist? Einem System, dass auch von Ausführenden – sprich den PädagogInnen ebenso Schnelligkeit, Leistungsfokussierung und hohe Anpassung an Vorgaben fordert? Meine erschreckende Erkenntnis der letzten Jahre ist: NEIN, dafür ist kaum bis gar kein Platz. Gefordert wird, dass sich Kinder dem bestehenden System anpassen. Und das können auch viele, wenn auch das nicht heißen muss, dass es ihnen wirklich entspricht. Andere wiederum
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