Der Kaffee setzt sich durch:
EIN WICHTIGES STÜCK WIENER TRADITION
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Der schwarzbittere Teufelstrank
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8 | JUNi 2012
Fotos: © Okea/Marina Lohrbach - Fotolia.com
B
ereits im Jahre 1511 versuchte
der Statthalter von Mekka, Chair
Beg, den Genuß von Kaffee und
das Betreiben von Kaffeehäusern zu ver-
hindern. Er bezeichnete in einem unbe-
zweifelten Dokument die Kaffeehäuser
als Keimzellen des Widerstandes gegen
die Obrigkeit. Daß sein Vorgesetzter,
der Sultan in Kairo und dessen ganzer
Hofstaat schon leidenschaftliche Kaffee-
genießer waren, wurde ihm aber zum
Verhängnis. Das angesprochene Verbot
von Kaffeekonsum und Kaffeehäusern
kam nicht wirklich zustande, der Statt-
halter wurde seines Amtes enthoben und
später ermordet. Viele Verbote wurden
noch erlassen und umgangen. Sogar das
sogenannte, schwache Geschlecht, die
Frauen, waren zunächst erbitterte Feinde
des schwarzen Getränkes, brachten es
aber letztlich in einem türkischen Gesetz
dazu, daß als Scheidungsgrund anerkannt
wurde, wenn ein Mann seiner Gattin den
Kaffee nicht gestattete.
DER SIEGESZUG
Daß die Kaffeekränzchen der europä-
ischen Damen Plattform und Drehscheibe
zur Demaskierung männlicher Vollkom-
menheit wurden, ließ den „Verdoppler
des Selbst“ den „Wachhalter“ den „Sin-
neserweiterer“ seinen Siegeszug antreten
und Dichter und Denker in seinen Bann
ziehen.
Selbst der Widerstand der Bierbrauer, die
einen Einbruch ihrer Umsätze befürchte-
ten, konnte den Erfolg des „schwarzen
Teufelstrankes“, der sich zum „Gottes-
freund“ verwandelt hatte, nie mehr ge-
fährden.
Den Wienern war allerdings das Ge-
tränk zu bitter, was den legendären
Kaffeehausgründer Kolschitzky (eigent-
lich Koltschitzky) bewog, den bitteren
Geschmack durch Zusatz von Milch und
Zucker zu versüßen. Damit war die soge-
nannte „Wiener Melange“ erfunden und
durch dieses Rezept auch das Wiener Kaf-
feehaus zur stark frequentierten Instituti-
on geworden.
Prof. Franz W. Strohmer
Journalist, Vize Präsident
des Badener Presseclubs