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Interview mit Mag. Markus Neumeyer:

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26 | JUNI 2018

S

ie haben Ihr Buch "Arbeitslos,

leider geil" genannt. Ist das nicht

ein Affront sowohl hart arbeiten-

den Menschen als auch Langzeit-

arbeitslosen gegenüber, die intensiv

eine Arbeit suchen?

Nein. Man könnte es natürlich negativ

verstehen, wenn man will - viele Leute

ärgern sich einfach gerne. Ich weiß,

dass den Titel einige Menschen in den

falschen Hals bekommen werden, man

darf aber das Genre nicht vergessen: Es

ist Satire. Meine Intention mit diesem

Buch jemanden zur Weißglut zu brin-

gen war es nicht, kann aber passieren.

WAS WAR DENN IHRE INTENTION?

Das steht alles im Buch. (lacht) Tat-

sächlich ist es mir schon Monate vor

meiner Kündigung gesundheitlich

äußerst dreckig gegangen. Die Arbeit

hat mir wortwörtlich die Luft zu Atmen

abgeschnürt. Der Schritt in die Arbeits-

losigkeit war so was wie ein letzter

Ausweg. Da ich als Journalist, Kolum-

nist und Kabarettist seit vielen Jahren

geschrieben habe und das Schreiben

nicht aufgeben wollte, habe ich daheim

angefangen ein Tagebuch zu führen,

daraus ist dann Jahre später dieses

Buch entstanden.

HAT IHNEN DAS SCHREIBEN

GEHOLFEN?

Ja, das war sogar unglaublich hilf-

reich. Aufgrund meiner psychischen

Verfassung durch das Burnout, wurde

Arbeitslos und voller Motivation

Karl H. Schrittwieser

Herausgeber

LERNEN MIT ZUKUNFT

ich zu einem Psychiater geschickt. Bei

dem ist es dann immer so abgelaufen:

Rein - drei Fragen wie es mir geht - neue

Medikamente - wieder raus. Das Ganze

hat mich jedes mal 120.- Euro gekostet.

Beim Schreiben konnte ich meine Ge-

schichte solange erzählen wie ich wollte

und wenn alles klappt, verdiene ich jetzt

sogar ein paar Euro damit. Wenn man

so will, war das Schreiben der bessere

Psycho-Doc.

SIE HABEN MEDIKAMENTE BEKOM-

MEN, HABEN DIE KEINE WIRKUNG

GEZEIGT?

Das kann ich nicht sagen, ich kann mich

nicht mehr an diese Zeit erinnern. (lacht)

Naja, so schlimm war es nicht, aber ich

bin kein Freund von Psychopharmaka,

wenn man nicht gerade manisch-depres-

siv oder ähnliches ist. Als ich diese Mittel

genommen habe, habe ich mich gefühlt,

als würde ich permanent durch einen

dichten Schleier wandeln. Zwischen mir

und der Realität war noch was, ich kann

aber nicht sagen was das war. Kein

schönes Gefühl. Ich habe diese Dinger,

wie die Arzt-Termine, nach ein paar

Tagen abgesetzt.

GEHT ES IHNEN HEUTE BESSER?

Das kann man sagen. Meine Frau und

ich haben unser Leben komplett um-

gestellt. Arbeit ist für uns beide zweit-,

wenn nicht sogar drittrangig geworden.

Ich merke allerdings schon, dass das

Burnout Spuren hinterlassen hat. Ich

könnte heute keinem sehr stressigen Job

Mag. Markus Neumeyer