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information & schule

Lernen braucht Kreativität:

WO SCHLUMMERN DIE GENIALEN IDEEN?

Schule go!

V

or wenigen Tagen besuchte ich

ein großes Konzert in Berlin.

Nach der ersten musikalischen

Begrüßung wandte sich der

Künstler mit folgenden Worten ans

Publikum: „Ihr dürft heute mit den Han-

dys alles machen, nur bitte spielt nicht

Pokemon Go!“.

Mag. Matthias Roland

Europa-Akademie

Dr. Roland

www.roland.at

Sicher: Schule ist natürlich auch dazu da,

einen sozialen Austausch zu ermögli-

chen, einen persönlichen Reifeprozess zu

begleiten, aber dass das frontalunterrich-

tete Klassenzimmer wie vor 150 Jahren

nicht mehr zeitgemäß ist, wird jeder

Bildungsexperte bestätigen - nur sieht

die Realität in 99% der Fälle halt immer

noch so aus.

Das Resultat: nach 9 Wochen Sommerfe-

rien sieht man landauf, landab lange und

traurige Gesichter: Wieder verschluckt

uns das System, die Zeit der Freiheit

ist vorbei, der Ernst des Lebens geht

wieder los. Gerne möchte ich in meiner

Zukunftsphantasie junge Menschen

sehen, die es garnicht erwarten können,

sich nach 9 Wochen wieder zu sehen,

sich über das Erlebte auszutauschen und

ihre Erfahrungen in die Gemeinschaft

einbringen möchten. Weil sie im Sommer

neugierig und lernbegierig waren, weil

ihnen niemand die angeborene Lust am

Entdecken genommen hat. Go, Schule,

go!

4 | SEPTEMBER 2016

Foto ©

pixabay.com

Die Reaktion des Publikums ließ darauf schließen, dass jeder einzelne wußte,

wovon der Künstler sprach.

Dies machte mich nachdenklich. Nicht zuletzt deshalb, weil ich bei meinen

sportlichen Morgenrunden sowie den touristischen Spaziergängen durch

Berlin eigentlich ständig Menschen gesehen hatte, die mit dem Handy in der

Hand virtuellen Monstern nachjagten.

Jetzt kann man über Programme dieser Art so manches denken, aber den

Erfolg kann man ihnen einfach nicht absprechen. Tatsächlich haben sie

Menschen in „Bewegung“ versetzt, und dies in einer Art und Weise, zu der

kein politisch organisiertes Gesundheitsprogramm der letzten Jahrzehnte in

der Lage war.

Halt - ein Schritt zurück - hier ist Pokemon Go! vermutlich ein Einzelfall. Aber

bei näherer Betrachtung gibt es eine Vielzahl von Programmen, zumeist Spie-

len, die ihre Anwender zu einer schier endlosen zeitlichen Hingabe verleiten.

Böse! Mag sein. Aber: ich muss mir doch die Frage stellen, und stelle sie

an die Verantwortlichen des Bildungssystems, ob wir als GestalterInnen

des Bildungswesens daraus nichts lernen können. Erlaubt uns die Be-

obachtung des Gebrauchs digitaler Unterhaltungssoftware nicht einen

Rückschluss auf Möglichkeiten der Motivation, an der es in unseren

Schulen mehr und mehr fehlt? Wenn eine ehemalige Bildungsministe-

rin keine weitere Phantasie hatte, als unter digitalen Unterrichtsma-

terialien die Erstellung von Schulbuch-pdfs zu verstehen, erkennt

man, wie sehr die Schule wiedereinmal der Realität hinterherhinkt.

Nach meinem Konzertbesuch leitete mich meine Phantasie in eine

Zukunft, in der junge Menschen alleine oder in Gruppen auf For-

schungsreise gehen, mit ihren Handys auf Wissenssuche durch die ur-

banen Dschungel laufen und dabei spielerisch (hoffentlich auch etwas

über Verkehrssicherheit) lernen. Warum nicht? Ein gutes Gegenargu-

ment will mir nicht einfallen.