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Maturaschule:
WIE AUSSAGEKRÄFTIG SIND DIE ERGEBNISSE DER ZENTRALEN REIFEPRÜFUNG?
Schulbildung außerhalb der Schule
M
it Spannung wurden die
Ergebnisse der zentralen
Reifeprüfung auch in diesem
Frühjahr erwartet. Besonders
scharf war der Blick auf den Gegenstand
Mathematik. Und noch bevor statistische
Daten veröffentlicht wurden, begannen
Spekulationen über die Leistung ein-
zelner Schulstandorte. Da war die Rede
von Schulen, die ganze Jahrgänge lang
keinen positiven Mathematik-Kandidaten
hervorgebracht haben. Die Medien
haben offenbar aus politischen Entwick-
lungen gelernt, dass das Geschäft mit
der Angst ein blühendes ist und eine
Schlagzeile wichtiger als die dahinter
stehenden Fakten.
Nun, nach Bekanntwerden der Ergeb-
nisse (natürlich nicht in allen Details
- das wäre der Öffentlichkeit wohl nicht
zumutbar… oder stecken andere Interes-
sen dahinter???) spricht man davon, es
sei alles ja gar nicht so schlecht abgelau-
fen, wie zunächst vermutet.
Gleichgültig, wie die Zahlen nun tat-
sächlich aussehen, stehen zwei Dinge
fest: Es ist nahezu unmöglich, aus den
veröffentlichten Zahlen einen Schluss
zu ziehen, da diese quasi „geschwärzt“
sind und keinen kritischen Blick auf
einzelne Schulstandorte oder gar
einzelne Vortragende zulassen. Dies
mag aus datenschutzrechtlichen
Gründen sogar verständlich sein,
aber ohne Konsequenzen ist
eine zentrale Prüfung wertlos.
Es stellt sich lediglich die Frage,
weshalb jene Schüler-
Mag. Matthias Roland
Europa-Akademie
Dr. Roland
www.roland.atInnen bestraft werden, die ihre gymna-
siale Laufbahn an einer Schule verbracht
haben, die nicht in der Lage war, sie
adäquat auf die Herausforderungen dieser
neuen Prüfungsform vorzubereiten.
Der Blick auf die Matura alleine verfälscht
allerdings eine erschreckende Entwick-
lung: Immer mehr KandidatInnen werden
bereits in den Jahren vor der Matura,
teilweise sogar erst in der 12. Schulstufe
ausgesiebt, damit sie nur ja nicht die
Erfolgsquote des Schulstandorts beein-
trächtigen.
Dazu ein Detail aus meiner beruflichen
Tätigkeit: In den vergangenen zwei Jahr-
zehnten durfte ich im April/Mai im Schnitt
4 bis 5 Kandidaten beraten, die die 12.
Schulstufe in der öffentlichen Schule mit
einem oder mehreren „Nicht Genügend“
abgeschlossen hatten und nun über eine
Maturaschule einen Ausweg suchten. Die-
se Zahl hat sich nun nahezu verzehnfacht
(nein, dies ist kein Schreibfehler! Sie hat
sich um den Faktor 10 erhöht).
So gesehen sind die Erfolgsquoten bei der
zentralen Reifeprüfung wohl noch drama-
tisch nach unten zu korrigieren, denn die
Gesamtzahl der MaturantInnen in un-
serem Land dürfte drastisch fallen.
4 | JUNI 2016
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