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Kopfsprung ins Herz:
ICH HABE HEUTE EIN PAAR BLUMEN NICHT GEPFLÜCKT, UM DIR IHR LEBEN
ZU SCHENKEN (Christian Morgenstern)
Seien wir verrückt
Wofür lernen wir eigentlich? Für den reibungs-
losen, standardisierten Ablauf jener unsichtbaren
„Maschine“, die sogar geistige Ressourcen
ausbeutet, die dann fein säuberlich vermessen und
verpackt am großen Markt landen?
„Old Man Coyote“ tritt in meinem Buch mit viel
Humor und Kreativität an, um das Lernen buch-
stäblich zu retten. „Noah, riskiere den Kopfsprung
ins Herz. Und wenn du auftauchst, dann tanze
nackt in der Sonne, während andere in ihren
Uniformen an dir vorbeimarschieren. In unsicheren
Zeiten marschieren viele allzu gerne im Gleich-
schritt mit der Herde der Unbewussten. Du aber
tanze. Gerade, wenn alles auf wackeligen
Beinen steht, ist es der Tanz des Lebens,
der dich trägt – und nicht der Marsch des
Todes.“
Aber allen, die das Leben tanzen, sei fol-
gender Spruch Nietzsches ins Tagebuch
geschrieben:
„Die Tanzenden wurden verrückt gehalten
von denjenigen, die die Musik nicht hören
konnten.“
Also – seien wir verrückt, lachen und tanzen wir
wieder zwischen den Gleisen des Systems, wäh-
rend andere auf den vorbereiteten Schienen auf
ein Ziel zusteuern, das sie nicht einmal kennen.
Es ist nicht die perfekte Struktur, die primär wirkt,
es ist das Leben, das Sein, die Person – die viel-
leicht mit ihren SchülerInnen in der Klasse steht.
Und lassen wir doch Schule in dieser Jahreszeit
auch wieder einen Ort der Muße sein. Das grie-
chische Wort „Schola“ bedeutet nichts anderes als
„Müßiggang, Nichtstun und freie Zeit.“
Auf die Freiheit und die Geburt eines ungewöhn-
lichen Lebens. Frohe Weihnacht!
23 | DEZEMBER 2017
Gerald Ehegartner
Natur- und Wildnispädagoge
Autor
www.geraldehegartner.comS
till ist es draußen geworden in
der Natur. Voller Freude verfolge
ich im Schnee die Fährte eines
Fuchses. Oder war es doch ein
Hund, der hier seine Spur hinterließ?
Mir kommt in den Sinn, dass das Wort
„lernen“ vom alten germanischen Wort
„laisti“ stammt.
Und „laisti“ bedeutet so viel wie „einer
Spur, einer Fährte folgen“.
„List“ ist ein weiterer Sinn dieses
Wortes. Ein Lächeln huscht über meine
Lippen.
Etwas durchgefroren stapfe ich durch
den Schnee nach Hause zurück. Es ist die
Zeit der Stille – nur der Mensch hechelt
im selbst geschaffenen Trubel der Welt
einem imaginären Ziel hinterher.
Auch die Schule hat ein enormes Tempo
aufgenommen – und wird immer wieder
neu und feiner getaktet. Kompetenzen
müssen nun definiert, erlernt und ver-
messen werden.
Aber lässt sich Schule vermessen?
Sollten wir nicht unserer eigenen Spur
der Freude folgen, um unserem Potential
zur Geburt zu verhelfen?
In meinem Roman „Kopfsprung ins Herz
– Als Old Man Coyote das Schulsystem
sprengte“ meint Coyote, dieser ver-
rückte, heilige Narr, einmal:
„Seien wir nicht vermessen, denn
wir können die wirklich wichtigen
Dinge nicht messen. Lassen Sie Ihr
Leben lieber eine Messe sein.“
Kopfsprung ins Herz –
Als Old Man Coyote
das Schulsystem sprengte
Autor:
Gerald Ehegartner
Verlag:
tao.de– Kamphausen