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information & entwicklung

Erziehung ist (k)ein Kinderspiel:

DAS FUNDAMENT FÜR UNSER SELBSTVERTRAUEN UND INNERE STÄRKE

WIRD IN UNSERER KINDHEIT GELEGT

Die Wurstsemmel

Illustration: © Eugen Kment

Mag.

a

Maria Neuberger-

Schmidt

Autorin und Gründerin

Verein Elternwerkstatt

www.elternwerkstatt.at

Foto: Ingrid Perger

Elternwerkstatt

„Geben Sie ihm eine Wurstsemmel, damit

wir Ruhe haben!“ Die prägende Botschaft

zwischen den Zeilen lautet: „Du bist unfä-

hig!“

Ein anderer Vater oder Mutter würde viel-

leicht meinen: „Du brauchst dich nicht zu

fürchten!“ Oder: „Da ist doch nichts dabei!“

Solch „tröstliche“ Aussagen vermitteln die

Botschaft „du bist ein Trau-mich-nicht“. Der

Vater bestätigt durch seine mitleidige Re-

aktion das schwache Selbstbild des Sohnes.

Durch solch gut gemeinte, ungeduldige oder

ungehaltene „Sei nicht so...“ Botschaften

erreichen Eltern das Gegenteil. Das Kind wird

noch unsicherer und ein schwer zu durchbre-

chender Kreislauf beginnt.

Wie alle Menschen, so sind auch Kinder von

Natur aus verschieden. Es gibt die frechen

und mutigen, die introvertierten und schüch-

ternen, die lauten und die leisen. Wenn

wir das Verhalten eines Kindes ändern und

Entwicklung fördern wollen, müssen wir es

zunächst einmal dort abholen, wo es gerade

steht. Das Kind braucht die Gewissheit, dass

es so, wie es gerade ist, geliebt und ange-

nommen wird - statt „Gefühle auszureden“,

auch nicht zum Trost. Durch emotionale

Annahme, Verständnis ohne Mitleid, lernt

das Kind, zu sich selber zu stehen und Kraft

zur Überwindung seiner Schwierigkeiten zu

finden.

Wozu Vita-

min C

S

zene bei Billa, Feinkost: Der

schüchternen Erich, 7, möchte eine

Wurstsemmel. Sein Vater meint:

„Komm, stell dich an, ich hole

inzwischen....“. Als Erwin an die Reihe

kommt, traut er sich nichts zu sagen und

fängt an zu weinen. Sein Vater erscheint

und sagt ungehalten: „Jetzt stell dich

doch nicht so an. Sag doch endlich, was

du willst.“ Jetzt verliert Erich erst recht

die Fassung. Die freundliche Verkäufe-

rin errät die Not des Kindes: „Willst du

vielleicht eine Wurstsemmel oder lieber

eine Käsesemmel?“ Der Vater, geniert:

16 | MÄRZ 2018