information & forschung
Mensch und Technik:
GERÄTE WERDEN MINIATURISIERT UND KÖNNEN IN DEN KÖRPER
IMPLANTIERT WERDEN
Transhumanismus
Thomas
Kolbe
Fachwissenschaftler
für Versuchstierkunde,
Ass.-Prof. für die
Service-Plattform
Biomodels Austria
Veterinärmedizinische
Universität Wien
Foto: ©
pixabay.com18 | MÄRZ 2018
e
r
aber
lig.
istiker
Info
Nick Bostrom: The
Future of Humanity
(http://www.nickbo-
strom.com/papers/future.pdf)
TED-Talks: Neil Har-
bisson: “Ich höre
Farben”
(https://www.
ted.com/talks/neil_harbisson_i_li-
sten_to_
color?language=de)
H
örgeschädigten kann mitunter mit
voll implantierbaren Hörsystemen
geholfen werden, die in Mittelohr
oder Schädelknochen eingebaut
werden. Warum mutet dann die Implan-
tation eines Bluetooth-Empfängers für
das Smartphone abstrus an? Weil keine
medizinische Notwendigkeit für solch
einen Eingriff besteht? Es würde vielen
Menschen das Leben etwas erleichtern,
wenn sie nicht ständig eine Hand für das
Smartphone reserviert haben, das Gerät
in reichlich unphysiologischer Kopfhaltung
zwischen Schulter und Ohr einklem-
men oder einen Empfänger auf das Ohr
klemmen müssen. Herzschrittmacher und
Insulinpumpen sind medizinisch notwen-
dig. Brustimplantate nicht, werden aber
dennoch akzeptiert.
In Schweden lassen sich die Mitarbeiter
eines Unternehmens die Zugangsberechti-
gung in Form eines kleinen Transponders
freiwillig unter die Haut implantieren.
Weitaus extremer ist der Künstler Neil
Harbisson: Er hat sich wegen seiner
angeborenen Farbenblindheit einen Sensor
auf den Schädel implantieren lassen, der
Farbtöne in Form von Schwingungen
unterschiedlicher Frequenz in den Knochen
weiterleitet. Damit werden die Farben um
ihn herum für ihn spürbar und unter-
scheidbar. Über die medizinische Notwen-
digkeit hinaus hat Harbisson das Spektrum
seines Sensors auf Infrarot und Ultraviolett
ausdehnen lassen. Die spanische Tänzerin
Moon Ribas hat sich einen Sensor in den
Unterschenkel einsetzen lassen, der mit welt-
weit verteilten Seismographen verbunden ist
und ihr Erdbeben irgendwo auf der Welt als
Vibrationen im Bein anzeigt.
Die Anzeige des Handys kann man bald auf
die Google-Brille übertragen. Warum nicht
gleich den Empfänger in die Stirn implantie-
ren und das Bild direkt in den Sehnerv ein-
speisen?! Kleine oberflächliche medizinische
Eingriffe ohne Notwendigkeit wie Tattoos
und Piercings sind allgemein akzeptiert.
Prothesen jeglicher Art sind bei Unfall- und
Kriegsopfern möglich und die Steuerung
durch körpereigene Nervenimpulse wird
aktuell erprobt. Exoskelette helfen Patienten
bei degenerativen Muskelerkrankungen.
Warum nicht auch Menschen, die in gefähr-
lichen oder anstrengenden Arbeitsbereichen
tätig sind? Ein implantierter Radioaktivitäts-
messer für Arbeiter in Kernkraftwerken oder
ein UV-Sensor, der vor einem möglichen
Sonnenbrand warnt? Wo ist der Übergang
von medizinischer Therapie zu Arbeitserleich-
terung und Life Style? Wenn wir körperliche
Einschränkungen z.B. mit Kontaktlinsen kor-
rigieren, warum dann nicht die technischen
Möglichkeiten nutzen und die menschlichen
Fähigkeiten erweitern?!