Sie bezeichnen sich selbst als Alt-68er. Jetzt
sind wir neugierig: Was hat dieser Begriff
heute noch für eine Bedeutung bzw. welche
Bedeutung hat er für Sie?
Nicht "alt", Spät-68er, weil ich damals noch
zu jung war. 1968 als kulturelle Bewegung
hat Europa zum Besseren verändert, jetzt gilt
es, ohne Dogmatismus neuen soziale Utopien
einer nachhaltigen und gerechten Entwick-
lung zu formulieren und umzusetzen. Es gilt
unvermindert der kategorische Imperativ
eines älteren Klassikers, “alle Verhältnisse
umzuwerfen, in denen der Mensch ein ernied-
rigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein
verächtliches Wesen ist” (Karl Marx 1843/44)
und das macht es nicht falsch.
Vielen Dank für das Interview.
information & interview
13 | JUNI 2018
Foto: ©
pixabay.comIch habe in meinem Buch Dutzende Bei-
spiele europäischer Bürger-Initiativen,
es geht darum, diese zu vernetzen und
Selbstwirksamkeit zu erzeugen.
Einige Ihrer Schlagwörter sind >>En-
ergieunion<< und >>Europa der
Regionen<<. Ist es am heutigen Stand
der Dinge überhaupt machbar Europa
derart umzubauen, wenn die Grenzen
der Solidarität, wie in der Flüchtlingskri-
se bewiesen wurde, an alten Nationa-
lismen hängen?
Für eine Energieunion sind alle not-
wendigen Voraussetzungen technisch-
organisatorischer Art vorhanden, Zielen
der Nachhaltigkeit ist die Mehrheit der
Europäer verpflichtet. Die Blockierer
verfolgen Partikularinteressen, lassen
sich von Putin einlullen. Das ist das
Problem, während Klimawandel und
Artensterben galoppierend voranschrei-
ten.
In Europa zuerst sprechen Sie Frauen in
der Politik ein großes Lob aus, sie seien
„die bessere Hälfte der politischen Kul-
tur“. Sollten sich mehr Frauen politisch
engagieren?
Ich habe Frauen nichts vorzuschreiben,
kann aber konstatieren, dass sie in
fast allen europäischen Ländern die
vernünftigere Politik anstreben. Die
Mehrzahl der Französinnen war gegen
Le Pen, eine Frauenmehrheit in Öster-
reich hätte Strache verhindern können,
Frauen sind die Opfer einer reaktionär-
klerikalen Politik in Polen.