information & bewusstsein
Ein gesellschaftliches Tabu?!?! - Teil 2:
NEGATIVE GEFÜHLE HABEN IN UNSEREN VORSTELLUNGEN OFT KEINEN PLATZ
Trotz, Wut undAggression
Foto: © julien tromeur
Fotolia.com24 | SEPTEMBER 2016
Patricia Scheidl
Jugendcoach
Erziehungsberaterin
Elternbildnerin
www.nah-am-leben.attesten, und uns in vielen Situationen weitaus
mehr Aufmerksamkeit und pädagogische
Kniffe abverlangen, als eine kurze Anweisung.
Wenn ich Eltern bei Vorträgen frage, was
denn das Ziel der Begleitung ihrer Kinder ist,
höre ich vorrangig drei Dinge: Sie mögen
selbstständige, selbstsichere und glückliche
Menschen werden. Unser Umgang und unsere
erzieherische Haltung hat sich gewandelt, wir
stärken Kinder, betrachten sie als gleichwer-
tige Menschen, die wir ein Stück ihres Weges
begleiten dürfen, unterstützen sie dabei
ihr Potenzial ausschöpfen und ihre Gefühle
spüren sowie ausdrücken zu können. Die Welt
der Emotionen umfasst aber neben der großen
Bandbreite an positiven Gefühlen, auch jene,
die wir (leider) eher als negativ einstufen
sowie unterdrücken. Doch Kinder kennen den
von uns gemachten Unterschied noch nicht.
Sie agieren die Emotion impulsiv, sowie intui-
tiv aus. Den Umgang damit lernen sie mit der
Zeit von ihrem Umfeld.
Wir als Gesellschaft, Erwachsene, Pädagogen
und Eltern dienen als Vorbild und schaffen
die Rahmenbedingungen für die kindliche
Entwicklung.
Um diese schaffen zu können, denke ich,
braucht es eine Enttabuisierung von Aggressi-
on, ein bewusstes, schuldfreies Hinsehen auf,
und eine Akzeptanz von allen kindlichen Ver-
haltensweisen der neuen Generation. Sowie
ein selbstbewusstes Auftreten der Eltern, die
ihren Kindern den sicheren Rahmen gestal-
ten, indem sie sich entwickeln können, sowie
lernen mit allen Emotionen sinnvoll und sozial
verträglich umzugehen.
Vom Verstehen und aktiven Begleiten von
Trotz, Wut und Aggression lesen Sie in der
nächsten Ausgabe.
O
ft habe ich den Eindruck, dass
Aggression ein neues Tabu in
der kindlichen Entwicklung
darstellt. Immer wieder spreche
ich mit Eltern, die voller Scham- und
Schuldgefühle darüber berichten, dass
ihre Kinder zwicken, beißen und hauen
und sich fragen, was sie denn falsch
machen.
Die „Elternjury“, der wir überall in
unserem Alltag und Umfeld begegnen,
hat freilich eine Meinung dazu, wie sich
ein Kind zu verhalten hat und, dass die
Schuld bei der fehlerhaften Erziehung
und mangelnden Härte der Eltern liegt.
Unlängst wurde ich auf einem Spielplatz
von einer netten, älteren Dame darauf
aufmerksam gemacht, dass es aggres-
sive Verhaltensweisen, wie jene, die wir
an diesem Tag beobachten konnten,
früher nicht gab. Da hätten sich Kinder
„solche Dinge“ gar nicht getraut, oder
man sagte den Kindern einfach, wie
sie zu sein und was sie zu unterlassen
haben.
Vielleicht müssen Sie jetzt ähnlich
schmunzeln, wie ich es musste,
als ich an eine große Anzahl mir
bekannter Kinder dachte. Willens-
starke kleine Menschen,
mit einem großen
Selbstvertrauen, die sich
selbst, ihre Grenzen und
jene der Erwachsenen erforschen,
sowie