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Anpassungsfähige Gewebsteile:
LANGE ZEIT WURDE DAS FASZIENNETZ FÜR TOTES BINDEGEWEBE GEHALTEN
Was hält uns zusammen
Foto: ©
pixabay.com20 | SEPTEMBER 2016
Prof. Franz W. Strohmer
med. Journalist
also in der Folge empfunden wird. Über solche
Nervenenden werden auch Impulse auf das
vegetative Nervensystem geführt und le-
benswichtige Körperfunktionen automatisch
gesteuert, wie Atmung, Verdauung, einzelne
Organe, selbst bestimmte Muskeln wie zum
Beispiel die inneren Augenmuskeln.
Faszien können sich verkleben, verhärten,
verdicken und entzünden, sie können sich
durch Stress zusammenziehen, schmerzhafte
Bewegungsprobleme hervorrufen, selbst die
Sauerstoffzufuhr zu den Organen verringern.
Faszien sind wenige Zehntelmillimeter bis
3mm dick, erzeugen eine Dehnspannung und
fungieren so auch als Energiespeicher, ähnlich
dem Bogen, der bei Spannungslösung kraftvoll
den Pfeil wegschießt.
So verstärken Faszien die Muskelkraft um ein
Vielfaches.
1991 stellte der US-amerikanische Notfallsme-
diziner und Osteopath Dr. Stephen Typaldos
sein Fasziendistorsionsmodell vor. (distorsio
lat. Verdrehung/Verrenkung) Mittels bestimm-
ter Handgriffe können die durch Verklebungen
und Verhärtungen verursachten heftigen
Schmerzen, bzw. Bewegungseinschränkungen
oft schon durch wenige Behandlungen günstig
beeinflußt werden.
Verschiedene Trainingsmethoden (z.B.
Faszien-Yoga) können die Faszien elastisch
halten und damit wesentlich zu einem erhöh-
ten körperlichen Wohlbefinden beitragen.
I
m Jahre 2003 baute der Humanbio-
loge der Universität Ulm Dr. Robert
Schleip mit der Neurophysiologin Dr.
Heike Jäger ein Labor zur Erforschung
dieses Bindegewebes auf und das Faszi-
enlabor erbrachte schließlich Nachweise
für die Wichtigkeit und Lebendigkeit
dieses Netzwerkes.
Die Faszien, abgeleitet vom Lateinischen
fascia (Band, Binde) oder fascis (Bündel)
verbinden sich im ganzen Körper zu
einem kollagenen Netz. Kollagen ist der
häufigst vorkommende Eiweißstoff im
menschlichen Organismus und ein we-
sentlicher Bestandteil dieses Bindegewe-
bes. Faszien umhüllen die Muskulatur,
alle Gelenke, die Knochen, die Nerven,
Blutgefäße, die Haut und alle anderen
Organe. Sie sind Wasserspeicher, dienen
als Stütze, sind überaus dehnbar trotz
der starken Zugfestigkeit und erhal-
ten dadurch die Elastizität im ganzen
Körper. Auch die Lymphflüssigkeit wird
im Fasziensystem abgeleitet und auf
diese Weise werden Zellabbauprodukte,
als auch notwendige Zellaufbaustoffe
von den Zellen weg, beziehungsweise
zu den Zellen transportiert. Mit Hilfe der
Mikrokamera eines Chirurgen und durch
ein neues Ultraschallgerät konnte der
Nachweis erbracht werden, daß die Fas-
zien keineswegs quasi nur Klebstoff oder
Füllmaterial, sondern mit zahlreichen
Rezeptoren und Nervenenden durchsetzt
sind, wodurch Schmerz weitergeleitet,