DEZEMBER 2014 | 33
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Der emotionale Mensch – Teil 4:
DREI UNTERSCHIEDLICHE SICHTWEISEN PRÄGEN DEN EMOTIONSBEGRIFF
Was sind Emotionen denn nun wirklich?
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Mag. Markus Neumeyer
Theater-, Film- und
Medienpädagoge,
dipl. Lern/ Freizeit &
Vitalcoach
www.stagefreaks.atinformation & emotion
information & emotion
P
aul Watzlawick hat bereits die
Frage nach der Wirklichkeit der
Wirklichkeit gestellt. Die Antwort
die er fand, macht unser Leben zwar
auch nicht einfacher, hilft uns aber dabei
es ein wenig besser zu verstehen.
Laut Watzlawick ist die sogenannte
Wirklichkeit das Ergebnis von Kom-
munikation. Die meisten denken bei
„Kommunikation“ wahrscheinlich
sofort an mindestens zwei Individuen,
also zumindest einen Sender und einen
Empfänger, die untereinander die
unterschiedlichsten Botschaften auf
verschiedenen Kommunikationsebenen
austauschen. Was die Sicht unserer
Wirklichkeit betrifft kommunizieren wir
allerdings sehr viel mit uns selbst. Auch
dadurch entsteht unsere individuelle
Sicht der Welt. Auch dadurch konstruiert
jeder Mensch seine eigene Wirklichkeit.
Bei der Frage nach der Herkunft und der
Definition von Emotionen, und vor allem
den Geisteswissenschaften, ist es nicht
anders.
ALLE GUTEN DINGE SIND DREI
Gegenwärtig beherrschen drei Sichtwei-
sen von Emotionen die populäre und
wissenschaftliche Literatur. Der erste
Ansatz ist ein Ableger des Rationalis-
mus, wonach Emotionen primitive, intu-
itive, man könnte auch sagen triebhafte
„Bauch-Reaktionen“ sind, die wir, wenn
sie nicht rational begründet auftreten,
beherrschen müssen. Für Rationalisten
sind Emotionen animalischer Natur
und zivilisiertes Verhalten würde
ein Zähmen der „wilden“ Emotionen
voraussetzen.
Gänzlich anders sehen das die Anhänger
jener Theorie, die ihren Ursprung in der
Romantik hat. Für sie ist jede Kontrolle
und Analyse von Emotionen schlichtweg
verwerflich und sogar ungesund. Emoti-
onen müssen rausgelassen werden wie
sie kommen, so die Romantiker.
Zwischen der romantischen und der
rationalistischen Sicht hat sich der
konstruktivistische Ansatz etabliert.
In diesem Konzept sind wir selbst die
Urheber unserer Emotionen, die, ähnlich
wie beispielsweise die Sprache, als Kon-
strukt gesehen wird. Danach setzen sich
Emotionen zu einem Teil aus unserem
biologischen Erbe und zu anderen Teilen
aus unserer kulturellen Geschichte,
unserer Umwelt und unseren eigenen
Erfahrungen zusammen. Emotionen
werden aus diesem mannigfaltigen
Spektrum an Einflüssen und
nicht zuletzt von uns
selbst konstruiert. Eine
Vorliebe für einen
dieser Ansätze wird
man sich wohl selbst
„konstruieren“
müssen.
tipp
Von dem Autor stammt
das Buch „Aus dem
Leben in die Kunst – die
emotionale Kreativitäts-
theorie“ ISBN 978-3-
639-49675-8
Fotos: © zinkevych - Fotolia.com