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27 | MÄRZ 2018
Der Schaukampf, den ich und mein Partner
einige Minuten zuvor ausgetragen hatten, war
gut gewesen. Wir konnten dem Publikum unsere
Kampftechnik und Gewandtheit zeigen. Ich war immer
einen Schritt schneller als mein Gegner und eine Spur
geschickter. Doch jetzt war der Spaß vorbei. Mein
eigentlicher Gegner würde jeden Moment in die Arena
treten. Er galt als der beste und gefürchtetste Gladia-
tor. Noch nie zuvor hatte es jemand geschafft ihn zu
besiegen.
Der Schweiß rinnt mir meinen Rücken herunter. Im
Kopf gehe ich alles durch, was ich bisher in der Gladia-
torenschule Ludus Magnus gelernt habe. Ich bin immer
ein ehrgeiziger und harter Kämpfer gewesen. Doch
heute stehe ich einem gnadenlosen Mann gegenüber.
Die Menge beginnt zu schreien. Mein Gegner betritt
die Arena.
DIE GNADE DES KAISERS
Jeder meiner Muskeln schmerzt. Ich blute, aber das
hält mich nicht davon ab noch härter zu kämpfen.
Auch mein Gegner ist verletzt und das treibt mich noch
weiter an. Wir kämpfen schon lange. Jeder von uns
scheint den nächsten Schritt des anderen zu kennen.
Wir harmonieren beinahe miteinander. Und doch wird
heute einer als Sieger hervorgehen. Der Verlierer ist
dem Tod geweiht. Außer…
Ich liege am Boden. Mein Gegner hält sein Schwert an
meine Kehle. Ein Stoß und es wäre aus. Doch er war-
tet. Der Kaiser entscheidet jetzt was mit mir geschieht.
Ich habe um Gnade gebeten. Mehrmals. Doch der Kai-
ser übergibt lieber dem Volk die Entscheidungsmacht.
Doch genau darin liegt meine Chance.
Das Volk wird laut, es schreit und ruft. Doch was es
ruft, sind positive Worte. Ich lächle. Es kennt mich. Das
Volk weiß, dass ich ein wertvoller Gladiator bin. Die
Mühe hat sich gelohnt. Ich stehe auf. Mein Gegner und
ich werfen uns einen letzten Blick zu, dann verlasse ich
die Arena. Er wird heute zum Sieger gekürt. Mein Sieg
ist das Leben.
H
ier wo wir jetzt stehen, wa-
ren damals die besten Plätze,
sagt der deutsche Touristen-
führer, „Wie bei heutigen
Fußballspielen. Auf der Längsseite
hat man den besten Blick. Deswegen
steht da auch immer die Kamera.“
Ich sehe mich um. Von dem einst so
prachtvollen Kolosseum sind heute
nur mehr sandfarbene Steine übrig.
Reste. Ruinen. Und doch sind die
ovale Form der Arena, die Stufen,
ja sogar die Sitzbereiche noch gut
erkennbar.
Plötzlich wird die Stimme des Tou-
ristenführers immer leiser und die
Steine um mich herum beginnen sich
zu verändern. Das Kolosseum scheint
sich selber wiederaufzubauen und
auf den vielen Sitzplätzen reihen sich
auf einmal tausende Menschen in
seltsamen Kleidern. Und ich stehe
mitten in der Arena, mit Helm, Schild
und Schwert. Und alle sehen zu mir
herunter.
DER KAMPF UM LEBEN UND TOD
„Ave, Caesar, morituri te salutant!“,
sage ich zum Kaiser, „Heil, Caesar,
die Todgeweihten grüßen dich!“ Der
Kaiser sitzt ganz nah zur Arena in
seiner eigenen Loge. Daneben die
Senatoren und Priester. Ich hebe mei-
nen Blick nach oben zu den mittleren
Rängen, sehe über die Masse der
Nobili hinweg bis ganz nach oben,
wo das gemeine Volk laut durch-
einanderschreit. Ich schließe meine
Augen.
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Tina Cakara
Studentin
Junge Autorin
DAS KOLOSSEUM IN ROM ALS GRÖSSTES AMPHITHEATER DER ANTIKEN WELT