Ernährung und Pharmazeutikum:
Functional Food -> GenFood -> FrankenFood ?!
information & wissenschaft
Thomas Kolbe
Fachwissenschaftler
für Versuchstierkunde,
Ass.-Prof. für die
Service-Plattform
Biomodels Austria
Veterinärmedizinische
Universität Wien
Konsumenten sollten kritisch sein
Foto: ©
pixabay.comDie Kinderkrankheiten der ersten Generation
dieser Lebensmittel, wie noch enthaltene
Antibiotikaresistenzen, sind längst beseitigt.
Unbestritten ist, dass bei der Übertragung
von z.B. Nuß-, Fisch- oder Milchgenen in
anderen Lebensmitteln für Allergiker eine
erhebliche Gefahr besteht und solche Nah-
rungsmittel entsprechend deutlich gekenn-
zeichnet werden müssen.
Da ist der Gesetzgeber gefragt. Dieser läßt
sich dabei aber gerne Zeit, wie aktuell bei
dem transgenen Lachs von AquaBounty und
der FDA (Food and Drug Administration) in
den USA zu sehen: Die erst kürzlich erteilte
Zulassung als Nahrungsmittel hat 18 (!)
Jahre gedauert. Oder seit über 16 Jahren
bei dem mit Provitamin A (einer Vorstufe
von Vit. A) angereicherten ‚goldenen Reis‘,
entwickelt von zwei Botanik-Professoren
an der ETH Zürich, zu sehen. Der goldene
Reis wird seit über einem Jahrzehnt vom
wohlstandsgesättigtem Westen der 3. Welt
verwehrt, während Jahr für Jahr 500.000
Kinder weltweit aufgrund von Vitamin
A-Mangel durch einseitige Ernährung
mit Reis erblinden oder gar sterben!
Wo liegt da der moralische Imperativ?! Um
welchen Preis muss man helfen? Auch um
den Preis, gentechnisch veränderte Lebens-
mittel in die menschliche Nahrungs-
kette einzugliedern?!
15 | SEPTEMBER 2016
L
aut verschiedenen Umfragen in
der EU glauben ca. 1/3 der Bürger,
dass konventionelle Lebensmittel
keine Gene enthalten und beim
Verzehr von gentechnisch veränderten
Lebensmitteln auch das eigene Erbgut
verändert wird. Ob der eklatante Mangel
an biologischem Grundlagenwissen den
Schulsystemen in der EU geschuldet ist,
sei dahingestellt.
Fakt ist, dass der Mensch seit Jahrzehn-
tausenden Pflanzen und Tiere diverser
Spezies mitsamt deren Erbgut verzehrt,
ohne dass wir Rinder- oder Tomaten-
gene in unserem eigenen Erbgut hätten.
Fremde Nahrungs-DNA (Erbgut besteht
aus DNA) wird überwiegend durch Ver-
dauungsenzyme zerlegt und dient dann
zum Aufbau körpereigener DNA. Mittels
moderner Methoden lassen sich aber
auch geringe Mengen körperfremder
DNA-Fragmente in unseren Körperflüssi-
gkeiten nachweisen. Ohne dass sie sich
bisher in unser eigenes Erbgut eingebaut
hätten!
Sogenanntes ‚Functional Food‘ nun sind
gentechnisch veränderte Lebensmittel
mit zusätzlichen, ernährungsphysiolo-
gisch wichtigen Eigenschaften, wie z.B.
Karotten, die Impfstoffe enthalten, Mais
und Reis mit zusätzlichen Vitaminen
oder andere aufgrund gentechnischer
Veränderungen mit wichtigen Fettsäu-
ren, Vitaminen oder Mineralstoffen
angereicherte Grundnahrungsmittel.