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information & recht

Für das Kindeswohl:

SINNVOLL IST DIESE BETREUUNGSFORM IN DER REGEL NUR DANN, WENN

BEIDE ELTERNTEILE NAH BEIEINANDER WOHNEN

Erziehung imWechselmodell?

Mag.

a

Angelika

Fehsler-Posset

Rechtsanwältin

www.ra-afp.com

Foto: ©

pixabay.com

Umstände im Sinne des zu wahrenden

Kindeswohls dafür sprachen.

Schließlich wurde die Frage der Zulässig-

keit solcher Vereinbarungen nun an den

Verfassungsgerichtshof herangetragen,

der zu dieser wesentlichen Frage erstmals

Stellung genommen hat. In seiner Erkennt-

nis vom 9.10.2015 weist er daraufhin, dass

die zwingende Festlegung eines hauptsäch-

lichen Aufenthalts verfassungskonform ist,

auch wenn dadurch grundsätzlich in das

Familienleben eingegriffen wird. Das zu

schützende Kindeswohl rechtfertige diesen

Eingriff.

Der Verfassungsgerichtshof betonte aber,

dass es dennoch nicht ausgeschlossen sein

dürfe, eine gleichteilige Betreuung des

Kindes durch die getrennt lebenden Eltern

festzulegen, weil unter bestimmten Voraus-

setzungen in Ausnahmefällen sogar dieses

Wechselmodell dem Kindeswohl am besten

entsprechen könne.

Wird ein Kind von beiden getrennt leben-

den Elternteilen im Wesentlichen gleich-

teilig betreut und versorgt, kann diese

gleichwertige Betreuungsleistung Auswir-

kungen auf die Unterhaltsverpflichtung des

geldunterhaltspflichtigen Elternteils haben.

In manchen Fällen kann die Geldunterhalts-

pflicht sogar entfallen. Maßgeblich sind die

jeweiligen Einkommensverhältnisse.

S

eit der letzten Familienrechtsre-

form gilt die gemeinsame Obsorge

selbst getrennt lebender Elternteile

als Regelfall, wobei es insbeson-

dere auch Eltern unehelicher Kinder nun

freisteht, die gemeinsame Obsorge vor

dem Standesamt zu vereinbaren. Gibt

es darüber kein Einvernehmen, kann

der betroffene Elternteil, der sich an der

Obsorge beteiligen will, gerichtlich einen

diesbezüglichen Antrag stellen. In bei-

den Fällen, also sowohl bei einvernehm-

licher Regelung als auch bei gerichtlicher

Festlegung der gemeinsamen Obsorge,

muss aber dem Gesetz entsprechend

festgelegt werden, in wessen Haushalt

das Kind hauptsächlich betreut wird.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es

im Regelfall im Sinne der Schaffung von

Klarheit und Sicherheit dem Kindeswohl

entspricht, ein „Heim erster Ordnung“

festzulegen. Es wurde bisher teilweise

daran gezweifelt, ob im Hinblick auf

die zwingende Festlegung eines haupt-

sächlichen Aufenthalts des Kindes eine

Kontaktregelung in Form einer gleich-

sam gleichteiligen Betreuung im Sinne

einer „Doppelresidenz“ bzw. „Wechsel-

modells“ zulässig sei.

In Praxis war die Vereinbarung eines

gleichteiligen Aufenthalts dennoch mei-

stens möglich, wenn besondere

27 | MÄRZ 2016