information & bewusstsein
Von Wesen zu Wesen:
BEZIEHUNG ENTSTEHT DURCH BEGEGNUNG
Vom Ich zum Du
13 | DEZEMBER 2017
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pixabay.comH
eilung geschieht aus der Begeg-
nung, von Mensch zu Mensch,
vom Ich zum Du, das vertrat der
Dialogphilosoph Martin Buber
(1878-1965). Ich meine, dass durch
wahre Begegnung zumindest eine gute
Beziehung entsteht. Und gute Bezie-
hungen – zu sich selbst und auch zu
anderen sind heilsam.
Letzten Sonntag wurde ich Beo-
bachterin einer Szene, wie sie
wahrscheinlich in vielen
Familien vorkommt. Am Ne-
bentisch im Wirtshaus war
ein fünfjähriges Mädchen
sehr lebendig, gut gelaunt
und offensichtlich auf
Gespräch aus. Auch mit den
Großeltern. Ganz ungewohnt
war es hier der Großvater, der
jedoch seine Aufmerksamkeit auf sein
Handy richtete, bis der Schwiegersohn
einforderte: „Hey, jetzt ist Familien-
und Quality Time.“ Dessen ungeachtet
beschäftigte sich der Opa weiter mit sei-
nem Handy und die Oma saß am Rand,
ohne sich mit ihrer Tochter, deren Mann
oder auch dem Mädchen zu beschäfti-
gen. Einige Zeit später, als ich wieder
einmal hinübersah, las der Großvater
Zeitung, während die Eltern mit ihrem
Kind spielten.
Mag.
a
Eva Maria Sator
Lebensberaterin
Unternehmensberaterin &
Coach,
www.evasator.atIm echten Ge-
spräch geschieht
die Hinwendung
zum Partner in
aller Wahrheit, als
Hinwendung des
Wesens also.
1
1
Martin Buber, Elemente des Zwischenmenschlichen, S.293; in: Das dialogische Prinzip; Gerlingen, 8.Auflage 1997
Wie oft sind wir diejenigen, die sich wodurch auch
immer ablenken lassen und dadurch den anderen
Menschen nicht wirklich begegnen. Solche Mo-
mente der wahrhaften und wesentlichen Begegnung
erlebe ich als nährend, wohltuend und verbindend.
Für beide Seiten. Es geht dabei darum zu erfahren,
dass mir mein Gegenüber zugewandt ist, mir zuhört
und mich in meinem So- und Anders-Sein annimmt.
Martin Buber sprach vom Dialog als wesentliches
Gespräch zwischen ebenbürtigen Menschen auf
Augenhöhe, die sich selbst und den anderen
wahrnehmen und zu verstehen suchen,
OHNE den eigenen Vorstellungen und
Vorurteilen von sich und dem anderen
die Steuerung zu überlassen. Denn die-
se Bilder, Vorstellungen und Vorurteile
verstellen die unmittelbare Begegnung.
Weil dadurch Erfahrungen, Erwartungen
und Urteile, die aus der Vergangenheit
stammen, das gegenwärtige Erleben prägen.
Die Heilung liegt in einem „gewandelten Verhält-
nis zur Andersheit“ meinte Martin Buber. „Das
elementare Anderssein des Anderen, wird nicht
bloß als notwendiger Ausgangspunkt zur Kenntnis
genommen, sondern von Wesen zu Wesen bejaht.“
So wohl mir selbst das tut, so weiß ich auch um die
Herausforderung in meinen Beziehungen – privat
wie beruflich – das selbst auch immer umzusetzen.
Denn im Miteinander haben wir ja alle unsere Wün-
sche und Bedürfnisse, denen die Andersartigkeit der
Anderen womöglich entgegensteht.