LERNEN MIT ZUKUNFT Ausgabe September 2014 - page 14

Gedankenfreiheit:
DARF ICH SAGEN, DASS ICH DIE WURST NICHT GUT FINDE?
Tolerant sind wir morgen
A
nno 2014 sind wir alle extrem
gute, tolerante und offene Men-
schen. Wir legen größten Wert
darauf, dass alle Menschen die gleichen
Chancen und Möglichkeiten erhalten
und es ist uns ein Anliegen, dass alle
Menschen fair behandelt werden. Sollte
diesbezüglich Unsicherheit bestehen, so
hilft uns der Gesetzgeber und führt uns
auf den rechten Pfad der Tugend zurück.
Aber wie steht es mit der ritterlichen
Maxime „So wie hier durch das Wort, so
im Leben durch die Tat!“?
Zur Beantwortung der Frage zwei klei-
ne Beispiele: der ORF meldet, dass Jean-
Claude Juncker Probleme hat, genügend
Frauen für Positionen als EU-Kommissa-
rin zu finden, weil viele Länder, darun-
ter auch Österreich, gar keine Frauen
nominiert hätten. Der Bericht dauerte
ungefähr 2 Minuten. Ungefähr 5 Minu-
ten wurde berichtet, dass in Österreich
eine neue Diskussion über die Frage der
„Töchter“ in der Bundeshymne ent-
brannt war.
Zweites Beispiel: Der Behindertenanwalt
- Dr. Erwin Buchinger meldete, dass auf
Drängen der Wirtschaft das Behinderten-
schutzgesetz geändert wurde und dass
es seit geraumer Zeit nun möglich sei
Behinderte, wie jeden anderen Ange-
stellten auch, in den ersten 6 Monaten
problemlos zu kündigen - allerdings ist
die Anzahl der von den Unternehmen
eingestellten Behinderten keineswegs
gestiegen.
Warum mich das alles so ärgert? Weil
wir ständig vorgaukeln, aufgeklärte
Menschen des 21. Jahrhunderts zu sein,
aber in Wirklichkeit beschränken wir
uns darauf, in vielen Fällen zu heucheln
oder ganz anders zu „tun“ als wir
„sagen“ - dabei vergessen wir, dass
WIR die Vorbilder unserer Kinder sind.
Es erscheint mir daher wichtig, dass wir
unseren Kindern etwas mehr an Ehrlich-
keit vorleben. Der achte Präsident der
Bundesrepublik Deutschland - Johannes
Rau sagte: „Wir sollten unseren Kindern
nicht vorgaukeln, die Welt sei heil. Aber
wir sollten in ihnen die Zuversicht we-
cken, dass die Welt nicht unheilbar ist!“
Um konkret zu sein, bemühen wir uns
stets um eine korrekte Wortwahl - das
ist aber auch oft schon alles. Wer etwas
sagt, das nicht scheinbarer Mainstream
ist, ist bereits verdächtig. Ich sage es da-
her offen heraus - ich mag die Dame mit
Vollbart nicht - sie nervt mich; ich ver-
gesse oft in meinen Reden und Texten
die „-innen“ zu erwähnen und ich finde,
dass Deutschunterricht für Ausländer die
hier leben und arbeiten wollen, zwin-
gend sein sollte. Obwohl das alles so ist
und meine Meinung widerspiegelt, halte
ich mich für modern und tolerant. Meine
Devise: weniger Worte - mehr Taten!
Weniger „Töchter“ in der Bundeshymne,
dafür mehr Töchter im EU-Parlament.
Mag. Jacques A.
Mertzanopoulos
GF ARTHUR HUNT
Human Resources
Consulting, Wien
information & zukunft
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14 | SEPTEMBER 2014
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