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Der emotionale Mensch – Teil 3:
IMMER NUR VERNÜNFTIG SEIN IST MEHR ALS LANGWEILIG
Die Renaissance der Gefühle
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Mag. Markus Neumeyer
Theater-, Film- und
Medienpädagoge,
dipl. Lern/ Freizeit &
Vitalcoach
T
homas und Erich sind Brüder.
Sie sind zwei Jahre auseinander,
sehen sich furchtbar ähnlich und
sind dennoch so verschieden. Thomas ist
der Ältere der beiden, und wie so oft bei
Geschwisterpaaren, der Vernünftigere –
das haben schon Eltern und Lehrer immer
gesagt. Tom, wie ihn seine Freunde
nennen, musste schon früher Verantwor-
tung übernehmen. Er musste früher im
Haushalt mithelfen, früher Schularbeiten
schreiben aber auch früher nach Hause
kommen, als Erich es im selben Alter
musste. Tom hat außerdem gelernt seine
Gefühle im Zaum zu halten. Erich hinge-
gen hatte wesentlich mehr Freiheiten und
hat sich zwar nicht zu einem Choleriker
entwickelt, ist aber dennoch ein echter
Hitzkopf geworden. Gefühle werden
bei Erich nicht gefiltert und kanalisiert,
sondern wie sie sind auf seine Umwelt
losgelassen. Trotz aller andersartigen
Voraussagen ist Erich im Berufsleben
heute wesentlich erfolgreicher als Tom,
sein ehrgeiziger und vernünftiger älterer
Bruder. Er hat einfach besser gelernt
seine Gefühle zu erkennen und richtig
einzusetzen.
Wer das Leben zum Großteil mit den
Mitteln des rationalen Verstandes
bewältigte, galt viele Jahrhunderte lang
als ernstzunehmend und erfolgreich.
Cogito ergo sum – ich denke also bin
ich. Gefühle sind schließlich nur was
für Schwächlinge oder unausgeglichene
Menschen. Heute weiß man, dass Emo-
tionen, sofern sie erkannt und richtig
eingesetzt werden, ein großartiges Mittel
zum Erfolg sein können.
EMOTIONEN ALS WERKZEUG
Im Abendland ist die Trennung von Emo-
tion und Intellekt tief verwurzelt und
auch in der Schule wird auf emotionale
Bildung bislang nur wenig Wert bis gar
kein Wert gelegt. Dennoch ist die Zeit
für eine längst fällige Neuorientierung
reif. In der Psychologie spricht man
schon seit einigen Jahren von der „emo-
tionalen Wende“ und vor allem Sozial-
und Gesundheitspsychologen haben den
Einfluss der Gefühle auf das menschliche
Erleben und Verhalten erkannt. Selbst
die größten wissenschaftlichen Entde-
ckungen der Geschichte (z.B. Newton,
Einstein, Planck, …) wären ohne die
emotionale „Heureka“- Komponente nie
oder erst viel später gemacht worden.
Untersuchungen haben gezeigt, dass un-
ser Erfolg im Leben nur etwa zu einem
Fünftel vom analytischen, rationalen
Denken abhängt. Welchen Nutzen die
„emotionale Intelligenz“ für uns haben
kann, soll in der nächsten Ausgabe
erläutert werden.
tipp
Von dem Autor stammt
das Buch „Aus dem
Leben in die Kunst – die
emotionale Kreativitäts-
theorie“ ISBN 978-3-
639-49675-8
information & emotion
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SEPTEMBER 2014 | 31
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