Kaffeehausraritäten:
        
        
          AUS LINA OBERTIMPFLER WIRD LINA LOOS
        
        
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          Heiraten Sie mich
        
        
          ONLINEZEITUNG:
        
        
        
          information & entwicklung
        
        
          information & entwicklung
        
        
          gepackt und probierte sofort mit den
        
        
          Fingernägeln den Dosendeckel aufzu-
        
        
          machen. Bald zerbrach die Dose und
        
        
          das Kunstwerk war zerstört. Verzwei-
        
        
          felt erklärte Lina dann, sie wolle sich
        
        
          revanchieren und den Schaden wieder
        
        
          gut machen.
        
        
          „Wollen Sie sich wirklich revanchieren“,
        
        
          fragte Adolf Loos. „Aber natürlich“ sagte
        
        
          die junge Frau und er antwortete „Dann
        
        
          heiraten Sie mich“. „Ja, ja“, meinte Lina
        
        
          und errötete.
        
        
          Alle anderen hielten dies alles für einen
        
        
          Scherz, aber wenige Monate später wur-
        
        
          de Lina zu Lina Loos, zur Ehegattin des
        
        
          eleganten, von allen älteren und reichen
        
        
          Frauen Wiens geliebten, mit Aufträgen
        
        
          überhäuften Architekten und Modege-
        
        
          stalters.
        
        
          Adolf Loos richtete das Cafe Museum
        
        
          ein, förderte Kokoschka und Arnold
        
        
          Schönberg. Lina Loos gastierte mit Egon
        
        
          Friedell als Kabarettistin in Deutschland,
        
        
          wurde Schauspielerin in Amerika und in
        
        
          Wien, leitete kurzfristig das Cafe Casa
        
        
          Piccola und wurde dann eine erfolgreiche
        
        
          Journalistin und Autorin.
        
        
          Im Cafe Museum war der noch nicht be-
        
        
          rühmte Franz Lehar Stammgast gewor-
        
        
          den, auch Franz Werfel und die Autorin
        
        
          Liesl Österreicher, die nach Karl Kraus
        
        
          angeblich die treffendsten Aphorismen
        
        
          verfasste.
        
        
          An der Wende des 19. zum 20. Jahrhun-
        
        
          dert wurde das „Wiener Kaffeehaus“
        
        
          jedenfalls zur vielbeachteten kulturellen
        
        
          Institution mit überregionaler Strahlkraft.
        
        
          Prof. Franz W. Strohmer
        
        
          Journalist, Vize Präsident
        
        
          des Badener Presseclubs
        
        
          VIDEO
        
        
          "Herstellung
        
        
          Wr. Kaffee":
        
        
          QR-Code mit
        
        
          Smartphone
        
        
          einscannen
        
        
          M
        
        
          it der Geschichte des Wiener
        
        
          Kaffeehauses ist auch die Schau-
        
        
          spielerin Lina Obertimpfler ver-
        
        
          bunden. Nicht nur, weil ihre Eltern ab
        
        
          1897 das „Grand Cafe Casa Piccola“ in
        
        
          der Mariahilferstraße 1b gekauft haben.
        
        
          In der Familie herrschte lange Zeit Unei-
        
        
          nigkeit darüber, ob eine Verwandtschaft mit dem Tiroler
        
        
          Freiheitshelden Andreas Hofer bestünde. Wirklich geklärt
        
        
          wurde diese Verwandtschaft nie und hatte auch keine
        
        
          weitere Bedeutung für das Leben der Schauspielerin.
        
        
          BERÜHMTHEITEN
        
        
          Als Schauspielschülerin des Konservatoriums der Stadt
        
        
          Wien wurde sie eines Tages von ihrer Schwester und
        
        
          dem Schwager zum Stammtisch des wohl berühmtesten
        
        
          Kaffeehausliteraten Peter Altenberg  ins Löwenbräu (er
        
        
          hatte natürlich seinen bekanntesten Stammsitz im Cafe
        
        
          Zentral in der Herrengasse) mit-
        
        
          genommen. Dort waren zum
        
        
          selben Zeitpunkt neben Peter
        
        
          Altenberg die Berühmtheiten
        
        
          Karl Kraus, Egon Friedell und
        
        
          der Architekt Adolf Loos an-
        
        
          wesend, was die junge Dame
        
        
          in Ehrfurcht erstarren ließ. Die
        
        
          Herren redeten jeder auf seine
        
        
          Weise von aktuellen Dingen;
        
        
          den stärksten Eindruck aber
        
        
          bewirkte der Architekt, der eine
        
        
          ornamentierte, hölzerne Ziga-
        
        
          rettendose herumreichte und
        
        
          den Zusammenhang zwischen
        
        
          Zweckmäßigkeit und Schönheit
        
        
          hinreißend erklärte.
        
        
          ÜBERRASCHENDER HEIRATSANTRAG
        
        
          Alle waren begeistert. Da wandte sich der Architekt zu
        
        
          Lina und meinte, „Die Dose geht sehr schwer auf. Die
        
        
          werden Sie nicht öffnen können!“ Natürlich fühlte sich
        
        
          Lina bei ihrem Ehrgeiz
        
        
          12 | DEZEMBER 2013
        
        
          Architekt Alfred Loos,
        
        
          gezeichnet nach einer
        
        
          Fotografie von Trude
        
        
          Fleischmann | Illustration:
        
        
          Katharina Klein