LERNEN MIT ZUKUNFT Ausgabe Dezember 2013 - page 12

Kaffeehausraritäten:
AUS LINA OBERTIMPFLER WIRD LINA LOOS
Heiraten Sie mich
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gepackt und probierte sofort mit den
Fingernägeln den Dosendeckel aufzu-
machen. Bald zerbrach die Dose und
das Kunstwerk war zerstört. Verzwei-
felt erklärte Lina dann, sie wolle sich
revanchieren und den Schaden wieder
gut machen.
„Wollen Sie sich wirklich revanchieren“,
fragte Adolf Loos. „Aber natürlich“ sagte
die junge Frau und er antwortete „Dann
heiraten Sie mich“. „Ja, ja“, meinte Lina
und errötete.
Alle anderen hielten dies alles für einen
Scherz, aber wenige Monate später wur-
de Lina zu Lina Loos, zur Ehegattin des
eleganten, von allen älteren und reichen
Frauen Wiens geliebten, mit Aufträgen
überhäuften Architekten und Modege-
stalters.
Adolf Loos richtete das Cafe Museum
ein, förderte Kokoschka und Arnold
Schönberg. Lina Loos gastierte mit Egon
Friedell als Kabarettistin in Deutschland,
wurde Schauspielerin in Amerika und in
Wien, leitete kurzfristig das Cafe Casa
Piccola und wurde dann eine erfolgreiche
Journalistin und Autorin.
Im Cafe Museum war der noch nicht be-
rühmte Franz Lehar Stammgast gewor-
den, auch Franz Werfel und die Autorin
Liesl Österreicher, die nach Karl Kraus
angeblich die treffendsten Aphorismen
verfasste.
An der Wende des 19. zum 20. Jahrhun-
dert wurde das „Wiener Kaffeehaus“
jedenfalls zur vielbeachteten kulturellen
Institution mit überregionaler Strahlkraft.
Prof. Franz W. Strohmer
Journalist, Vize Präsident
des Badener Presseclubs
VIDEO
"Herstellung
Wr. Kaffee":
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einscannen
M
it der Geschichte des Wiener
Kaffeehauses ist auch die Schau-
spielerin Lina Obertimpfler ver-
bunden. Nicht nur, weil ihre Eltern ab
1897 das „Grand Cafe Casa Piccola“ in
der Mariahilferstraße 1b gekauft haben.
In der Familie herrschte lange Zeit Unei-
nigkeit darüber, ob eine Verwandtschaft mit dem Tiroler
Freiheitshelden Andreas Hofer bestünde. Wirklich geklärt
wurde diese Verwandtschaft nie und hatte auch keine
weitere Bedeutung für das Leben der Schauspielerin.
BERÜHMTHEITEN
Als Schauspielschülerin des Konservatoriums der Stadt
Wien wurde sie eines Tages von ihrer Schwester und
dem Schwager zum Stammtisch des wohl berühmtesten
Kaffeehausliteraten Peter Altenberg ins Löwenbräu (er
hatte natürlich seinen bekanntesten Stammsitz im Cafe
Zentral in der Herrengasse) mit-
genommen. Dort waren zum
selben Zeitpunkt neben Peter
Altenberg die Berühmtheiten
Karl Kraus, Egon Friedell und
der Architekt Adolf Loos an-
wesend, was die junge Dame
in Ehrfurcht erstarren ließ. Die
Herren redeten jeder auf seine
Weise von aktuellen Dingen;
den stärksten Eindruck aber
bewirkte der Architekt, der eine
ornamentierte, hölzerne Ziga-
rettendose herumreichte und
den Zusammenhang zwischen
Zweckmäßigkeit und Schönheit
hinreißend erklärte.
ÜBERRASCHENDER HEIRATSANTRAG
Alle waren begeistert. Da wandte sich der Architekt zu
Lina und meinte, „Die Dose geht sehr schwer auf. Die
werden Sie nicht öffnen können!“ Natürlich fühlte sich
Lina bei ihrem Ehrgeiz
12 | DEZEMBER 2013
Architekt Alfred Loos,
gezeichnet nach einer
Fotografie von Trude
Fleischmann | Illustration:
Katharina Klein
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